Karlsruher Mediävistik - Philologie und kulturwissenschaftliche Neugier

Die Karlsruher Fachtradition verbindet seit den Zeiten Peter Wapnewskis eine solide sprachlich-philologische Ausrichtung mit einer (im Sinne des unter 'Reisen, Fremderfahrung, Welterfahrung' Umrissenen unverzichtbaren) kulturhistorisch-kulturwissenschaftlichen Perspektivierung.

Der philologische 'Kanon' umfasst neben 'den Klassikern' durchaus auch althochdeutsche und frühneuhochdeutsche Texte. Die philologische Ausrichtung impliziert, dass diese Texte zunächst einmal Texte, literarisch-ästhetische 'Ereignisse', bleiben und nicht zu Steinbrüchen degradiert werden für mehr oder minder tiefsinnige kulturwissenschaftliche Aperçus und modernistische Lektüren.

Alte Texte, antike, mittelalterliche, ja noch frühneuzeitlich-barocke, erlauben keine identifikatorische Rezeption, sondern wollen nach reflektierten Methoden gelesen, analysiert, interpretiert und im intertextuellen und/oder diskursiv-kulturellen Kontext verortet werden - in ziemlich genau dieser Reihenfolge. Zugleich sind sie Ausdruck einer kulturellen Poetik; sie als historische Zeugnisse zu würdigen, kulturwissenschaftlichen Fragen auszusetzen, medien- und literaturtheoretischen Theorieansätzen zu öffnen, ist mithin kein Verrat an ihrer Ästhetik, sondern deren immanente Konsequenz: Philologisch und kulturtheoretisch geleitete Erkenntnis sind zwei Seiten der gleichen Medaille.