Inhalte und Erkenntnisziele der mediävistischen Einführungsveranstaltungen am KIT

 Einführungsmodul Mediävistik: Seminar 'Einführung in die Mediävistik' und Vorlesung 'ELMA'

Vorab: Die folgende Übersicht der Inhalte dient der Transparenz: Die Studierenden können davon ausgehen, dass sie die für ein fortgeschrittenes Mediävistik-Studium nötigen Grundlagen in den ersten Veranstaltungen unabhängig von Dozenten und grundgelegten Texten kennen- und erweitern lernen.
 

EM Mediävistik

1. Einführungsvorlesung (ELMA)

Die Einführungsvorlesung im Einführungsmodul ist als literaturgeschichtliche Überblicksvorlesung 'Deutsche Literatur im Mittelalter' angelegt, wobei das fachliche Selbstverständnis und Leitbild einer gerade nicht nationalphilologisch, sondern (lateinisch-) europäisch orientierten germanistischen Mediävistik grundlegend ist.

Die regelmäßig angebotene Vorlesung stellt in repräsentativen Texten die Hauptepochen, -stoffe und -genres mittelalterlicher Literatur von den Anfängen bis ins Spätmittelalter (ca. 750-1400) vor.

Ihr Ziel ist die Vermittlung eines im weiteren Studium ausbaufähigen Koordinatensystems wichtiger literarischer Texte und Daten, in die im fortgeschrittenen Studium auch eher punktuelle Seminarthemen und -texte eingeordnet werden können. Auf diese Weise soll ein Grundwissen mittelalterlicher Literatur in ihrer diachronen und gattungsgeschichtlichen Dimension und ein Bewusstsein für die Kontinuitäten und Diskontinuitäten literarischer Prozesse im Rahmen der europäischen Vormoderne entstehen.

 

2. Seminar 'Einführung in die Mediävistik' (ES)

Literarisch-gattungshistorische Ausrichtung, 'Grundwissen' über Literatur, Literaturverständnis und Literaturdeutung in der Vormoderne

 

2.1. Ausgangspunkt ist ein literarischer Querschnitt, der Textauszüge aus folgender verbindlicher Auswahl enthält:

  • Kaiserchronik
  • Herzog Ernst
  • Heinrich von Veldeke, Eneasroman
  • Nibelungenlied
  • Hartmann von Aue, Iwein oder Erec
  • Walther von der Vogelweide, Spruchdichtung
  • Minnesang (auch beschränkt auf Früher MS)

 

2.2. Sprache, Übersetzungs- und Verständnispraxis: Vertiefung der Sprachkompetenzen anhand des Textes

 

2.3.Einsichten in literarhistorische Kontexte, soweit möglich ebenfalls ausgehend vom grundgelegten Text, jedenfalls stets textnah:

Verbindliche Themen:

  • Gattungen, Gattungssystem, Gattungsbegriff in der Vormoderne
  • Literatur- und Textbegriff ('weiterer Literaturbegriff', Manuskriptkultur, unfeste Texte, 'schöne' vs. Gebrauchsliteratur, 'historia vs. fabula': Fiktionalität und Fiktionsbewusstsein)
  • Text und Medium; vormoderne Medialität (semiorale Kultur, literarische Interessenbildung/der Text in seinem 'Resonanzraum')
  • Literaturbetrieb: Literatur in der ma. Ständegesellschaft; Autor - Publikum - Mäzen(atentum)
  • Politische Kommunikation und feudale Herrschaft (z.B. kontrastiv am Ideal der Tafelrunde, an der 1.Av. des NL, an Walthers Reichston-Sprüchen)
  • 'Deutsche Literatur im lateinischen MA' (literatus/illiteratus bzw. Kleriker und Laie; Volkssprachenliteratur und europäische Latinität, Übersetzungs-/Fachschrifttum)

Erwünschte weitere Themen (nach Zeitplan und Priorisierung des /der DozentIn):

  • Literarische Interessenbildung und Institutionen: Kloster, Hof, Stadt
  • Geschlechterrollen; höfische Frau, Männlichkeitsprofile zw. Kleriker und Heros
  • Bildung und Gesellschaft; Literatur- und Kulturtransfer: Latein, Französisch, Deutsch; Kontaktorte, Grenzen, Differenzen
  • Alterität und Kontinuität; zur Relevanz mhd. Literatur heute (dazu nach wie vor erhellend etwa HR Jauß)
  • Grundlagen ma. Hermeneutik (Mehrfacher Schriftsinn, Typologie und Analogie)